Die Genetik der Ernährung: Eine Betrachtung der vererbbaren Einflüsse auf unser Essverhalten
Von Foodways
Die Ernährung spielt eine enorme Rolle für unsere Gesundheit und unser allgemeines Wohlbefinden. Nachhaltige Ernährung schont zudem Ressourcen und trägt so zum Umweltschutz bei. Doch wie beeinflusst unsere genetische Veranlagung eigentlich unsere Essgewohnheiten? Und warum fällt es vielen Menschen so schwer, ihre Ernährungsgewohnheiten zugunsten einer nachhaltigeren Ernährung umzustellen?
Wir wollten wissen, welcher Teil des Verhaltens vererbt wird und warum uns Verhaltensänderungen so schwerfallen. Deshalb haben wir uns in die Literatur gestürzt und spannende Fakten zusammengetragen.
(Disclaimer: Wir sind weder Mediziner noch Gesundheits- oder Ernährungsberater und haben auch nicht alle Literatur zum Thema gelesen. Die Inhalte sollen einen Eindruck vermitteln.)
Genetik – Wie die Gene das Essverhalten beeinflussen
Wenn wir die Genetik der Ernährungsgewohnheiten betrachten, geht es nicht nur um die Verstoffwechselung von Nährstoffen, sondern auch um die genetische Veranlagung für spezifische Nährstoffbedürfnisse, Geschmacksvorlieben und Essverhalten.
- Ein klassisches Beispiel für den genetischen Einfluss auf den Nährstoffstoffwechsel ist die Laktoseintoleranz. Betroffene besitzen nur geringe Mengen des Enzyms Laktase, das gebraucht wird, um den in Milch enthaltenen Zucker Laktose in Glukose und Galaktose aufzuspalten. Ein Mangel führt dazu, dass diese Menschen Milchprodukte nicht gut vertragen. Die Veranlagung zur Laktoseintoleranz ist genetisch bedingt und tritt meist bei Menschen auf, deren Vorfahren aus Regionen stammen, in denen Milch und Milchprodukte nicht auf dem Speiseplan standen.
- Gene können aber auch den Bedarf an bestimmten Vitaminen oder Mineralstoffen bestimmen. Einige Menschen brauchen zum Beispiel mehr Folsäure. Denn sie haben eine genetische Variation des MTHFR-Gens, das für den Folsäurestoffwechsel verantwortlich ist. Folsäure spielt eine entscheidende Rolle bei der Zellteilung und DNA-Synthese und trägt zur Prävention von Neuralrohrdefekten bei Ungeborenen bei.
- Die Gene können sogar unsere Geschmacksvorlieben und unser Essverhalten beeinflussen. Menschen mit einer genetischen Variation des TAS2R38-Gens reagieren empfindlicher auf Bitterstoffe. Sie empfinden bestimmte Lebensmittel wie Brokkoli, Rosenkohl oder Kaffee als unangenehm bitter und vermeiden sie. Andere Menschen schmecken Süsses nicht so stark, was auf einer genetischen Variation des TAS1R2-Gens beruht. Sie brauchen grössere Mengen an Süssungsmitteln, um einen süssen Geschmack zu empfinden. Deshalb neigen sie oft dazu, mehr Zucker zu konsumieren.
Diese Beispiele illustrieren beispielhaft, dass die genetischen Veranlagungen konkrete Ernährungsverhalten mitbeeinflussen können.
Epigenetik – Wie die Ernährung die Gene beeinflusst
Doch halt, das ist noch nicht alles. Denn auch die sogenannte Epigenetik spielt eine wichtige Rolle. Dabei wirken unsere Umgebung, Verhaltensweisen, Ernährung, Bewegung und weitere Einflüsse auf unsere Gene ein. Sie können chemische Veränderungen in der RNA im Zellkern verursachen, die schliesslich vererbt werden. Somit wirken nicht nur die Gene auf uns sondern auch wir auf die Gene mit ein. Diese epigenetischen Wirkungen sind ein ganz neues Forschungsfeld – wir können empfehlen, im Buch «Wir können unsere Gene steuern!» von Isabelle M. Mansuy, Jean-Michel Gurret und Alix Lefief-Delcourt weiterzulesen.
Wir haben also genetische Dispositionen und epigenetische Faktoren von unseren Vorfahren mitbekommen. Kein Wunder also, dass es uns mitunter so schwerfällt, zum Beispiel auf Fleisch oder Süsses zu verzichten.
Nachhaltige und gesunde Ernährung – So kann sie trotzdem gelingen
Unsere Ernährungsgewohnheiten werden aber nicht allein von unseren Genen bestimmt, sondern auch von vielen anderen Faktoren wie unserer Umwelt, unserer Kultur, unserer Erziehung, unserem sozialen Umfeld, unserem Stresslevel und unseren Emotionen. Diese Faktoren prägten die Vorlieben und Abneigungen in Bezug auf Nahrung unserer Eltern und Grosseltern, die sie an uns vererbten. Aber auch durch Erziehung oder Kultur sind unsere Essgewohnheiten tief in uns verankert.
Um unsere Ernährungsgewohnheiten zu ändern, hilft es deshalb, diese Faktoren anzuerkennen und Wege zu finden, wie wir diese Gewohnheiten langsam ändern können. Dabei sollten wir kulturelle und familiäre Traditionen bewusst wahrnehmen und hinterfragen. Das braucht eine Menge Motivation, Willenskraft und Geduld. Eine Veränderung unserer Einstellung zur Ernährung und zu uns selbst kann dabei sehr hilfreich sein.
Denn ein nachhaltiger Lebensstil zahlt sich ganz konkret für uns und die kommenden Generationen aus. Die gute Nachricht: Epigenetische Veränderungen sind grundsätzlich umkehrbar. Als Beispiel: die Veranlagung zu Typ-2-Diabetes kann durch eine Lebensstiländerung auch für nachfolgende Generationen verringert werden.
Nachhaltiges Essen wirkt sich also nicht nur, auf die Umwelt und das Klima aus, sondern hat auch positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit und die unserer Nachkommen.
Foodways