«Städte und private Gastronomen können zusammenarbeiten und voneinander lernen»
1. November 2021

«Städte und private Gastronomen können zusammenarbeiten und voneinander lernen»

Von Yvonne Lötscher und Daniel Stöcklin

In Städten lebt der Grossteil aller Menschen, weshalb ihnen eine strategische Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung zukommt. Wie kann eine Stadt nachhaltige Ernährung kultivieren und fördern? Yvonne Lötscher, Leiterin nachhaltige Ernährung der Stadt Zürich, setzt sich mit dieser Frage aktiv auseinander. Zürich strebt mit einer umfassenden Ernährungsstrategie auf diese Entwicklung hin und sieht grosses Potenzial in der Zusammenarbeit mit der privaten Gastronomie.

 

Frau Lötscher, welches sind die Ziele der Ernährungsstrategie Zürich?

Yvonne Lötscher: Übergeordnet verfolgen wir drei Ziele. Wir nehmen eine Vorbildrolle in unseren eigenen Verpflegungsbetreiben wahr, wir etablieren nachhaltige Beschaffungskriterien für unsere Lebensmittel und wir informieren die Bevölkerung und schaffen Projekte, Angebote und Initiativen, damit alle Zugang zu nachhaltiger Ernährung haben. Wir arbeiten also in unseren Verpflegungsbetrieben an mehr Nachhaltigkeit, und wir tragen die Botschaft in die Bevölkerung.

 

Die Food Branche ist ein System mit vielen Akteuren von der Produktion bis zur Gastronomie. Für eine nachhaltige Ernährungsbranche müssen aber alle an einem Strick ziehen. Gelingt Ihnen das in Zürich?

Wir sind sicher auf einem guten Weg. Es gibt viele spannende Unternehmen und Akteure im Raum Zürich. Und über 200 von ihnen sind Mitglied beim Ernährungsforum Zürich. Das ist eine Plattform für Gestalterinnen und Förderer eines nachhaltigen Ernährungssystems im Raum Zürich, die sich für gutes Essen und Trinken engagieren. Sie sind offen für Neues und wollen positive Wirkungen für Mensch und Umwelt erzielen.

 

Wie können Städte aktiv werden, um die nachhaltige Ernährung voranzutreiben? Welche Schnittstellen zur Gastronomie gibt es?

Zum einen betreiben Städte und Gemeinden in der Regel eigene Verpflegungsangebote. In Zürich ist das recht ausgeprägt. Wir verpflegen Schülerinnen und Schüler in der schulischen Mittagsbetreuung, betreiben Alters- und Pflegezentren sowie das Stadtspital inkl. Verpflegung und haben mehrere Personalverpflegungsbetriebe. Hier können Städte im eigenen gastronomischen Angebot nachhaltig wirken. Zweitens ergeben sich daraus spannende Schnittstellen mit privaten Gastronomen, man kann voneinander lernen und Erfahrungen austauschen. Drittens können Städte und die Gastronomie auch zusammenarbeiten, sei es mittels gemeinsamer Kommunikationsmassnahmen oder spezifische Angebote für eine nachhaltige Gastronomie schaffen. In Zürich planen wir beispielsweise eine gemeinsame Aktion im Rahmen der «Save Food Fight Waste» Kampagne in der Gastronomie. Und wir haben zwei Webinare zum Thema «Food Save» und «Nachhaltigkeit in Einkauf und Menüplanung» erarbeitet.

 

Worin liegt die Rolle der Gastronomie und welche Chancen birgt sie?

In der Stadt Zürich gelangen 40% der Lebensmittel über den Gastronomiekanal in die Stadt, wie wir in der kürzlich veröffentlichten Studie «Was isst Zürich» festgestellt haben. Die Nachfrage der Gastronomie bestimmt also mit, welche Lebensmittel und in welcher Qualität eingekauft und letztlich konsumiert werden. Sie kann auch Trends setzen. Restaurants sind für die Gäste eine Chance, Neues kennenzulernen. So nutzen Unternehmen wie «Planted» die Gastronomie für die Lancierung ihrer Produkte oder oder die Spitzengastronomie (Gault Milau) taucht in die pflanzliche Ernährung ein (z.B. Restaurant KLE). Ein genussvolles Erlebnis kann motivieren, die Gerichte zu Hause nachzukochen. Ich sehe also zwei Chancen in der Gastronomie. Wenn sie nachhaltiger wird, also weniger Food Waste generiert, mehr ressourcenleichte Menus anbietet und besser einkauft, dann hat das in der Summe einen relevanten Effekt auf die Lebensmittelkette. Und sie ist Trendsetterin und Genussort, an dem die Gäste die nachhaltige Küche kennen- und lieben lernen können.

Für weitere Informationen sehen Sie sich die Strategie nachhaltige Ernährung der Stadt Zürich an, und lesen Sie unseren Blog-Beitrag Städte – die Dampfmaschinen für die nachhaltige Transformation der Ernährung.

Yvonne Lötscher,
Leiterin nachhaltige Ernährung der Stadt Zürich

Foodways

Weitere Beiträge